Hutewälder (auch Hudewälder genannt) sind Wälder, in denen große pflanzenfressende Haustiere, meist Schweine, Hausrinder oder Pferde weiden. Der Begriff leitet sich von Vieh hüten ab. Bei dieser Art der Haltung wurde und wird das Vieh in den Wald getrieben, wo es sich hauptsächlich von Baumfrüchten z. B. Eicheln, Bucheckern, von Pilzen, Wildkräutern oder jungen Bäumen ernährte. Die extensive Nutzung ist eine Wiederaufnahme von traditionellen Haltungsformen im Bereich der Viehhaltung in der Landwirtschaft.
Die Hutewälder wurden im Mittelalter in der Nähe von Siedlungen angetroffen, um sie als Acker- oder Weideflächen zu nutzen. Hutewälder entstanden zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit Beginn des Bergbaus in Mitteldeutschland. Die Feudalherren vergaben Sonderrechte zum Beispiel in Form von Bergfreiheiten, um Bergleute anzuwerben. Hierzu gehört unter anderem die Waldweide. Durch die damals schon überwachte Nutzung entstanden die Weide- oder Hutewälder, dazu entstanden Genossenschaften von Bergleuten, die ihr Vieh mit Hirten (Huten oder Huden) zur Selbstversorgung in den Wald trieben. Diese extensive Nutzung wurde im Rahmen einer zunehmenden Rodung der Wälder zur Holznutzung bis in die Neuzeit immer stärker zurückgedrängt. Mit der Neubelebung der extensiven Bewirtschaftung nimmt die historische Bedeutung der Wälder zu.
Ursprünge
Schaut man in den Duden wird eine Definition für hüten als „auf die auf der Weide befindlichen Tiere achten, sie beaufsichtigen“ deklariert. Von diesem Verb lässt sich dann auf das abgeleitete Substantiv Hute/Hutung auf die Bedeutung schließen. Es gibt daneben auch noch eine abgeleitete niederdeutsche Form, die als Hude bezeichnet wird und in einigen Orts- und Flurnamen sich niedergeschlagen hat. Das Hüten auf der Weide ist die ursprüngliche Form, in der häufig von einem Hirten stellvertretend für einen oder mehrere Viehbesitzer die Aufsicht übernommen wurde gegen Naturalien oder Entgelt.
Ein Hutewald ist ein zur Beweidung genutzter Wald. Hierbei wurde schon im Mittelalter das Nutzvieh in den Wald zur Beweidung getrieben, damit es sich dort Futter suchte. Durch die sich intensivierende Beweidung entstand ein stark unterdrückter Nachwuchs mit der Beibehaltung sehr alter Nährbäume, die zu lichten bis fast offenen Waldflächen bis hin zu baumbestandenen Weiden führten. Aus dieser Nutzung entstanden über die Zeit alte Kulturlandschaften. Dabei führt die Dichte des Viehbesatzes zur Ausgestaltung der lichten bis offenen Wälder. Je nach Nutzungsform können 16 bis 30 ausgewachsene Rinder oder circa 100 bis 200 Schweine auf einem ha Fläche gehalten werden.Ein typisches Beispiel im Mittelalter war die Schweinemast in den Eichenwäldern. Hier wurden die Schweine mit Eicheln und Bucheckern im Wald versorgt und sorgten so für eine reichhaltige Ernährung für damalige Verhältnisse durch Fleisch, Schinken und Speck.
Im Rahmen der industriellen Revolution wurden die Hutewälder seltener genutzt und wurden durch eine organisierte Forstwirtschaft abgelöst. Es gibt noch wenige Zeugnisse dieser Haltungsform, sie stehen heute meistens unter Naturschutz.
Bewirtschaftung
Die Haltung der Tiere erfolgte in den Ursprüngen durch einen Hirten, der für die Viehbesitzer der Dorfgemeinschaft, der dafür mit einem Hutegeld entlohnt wurde. Zu diesen Zeiten waren die genutzten Wälder entweder im öffentlichen Gemeindebesitz oder gehörte einem Grundherrn und war damit wie auch Ackerland gegen Abgaben nutzbar.
Die Beweidung erfolgte durch das Vieh, in erster Linie Schweine, Ziegen, Rinder oder Schafe, die sich von den Pflanzen der nachwachsenden Bäume, Knospen und Waldfrüchten wie zum Beispiel Eicheln und Bucheckern ernährten. Damit änderte sich auch die Bodenvegetation und mit der Zerstörung des Baumjungwuchses hin zu weiter auseinander stehenden Bäumen hin zu lichten Wäldern mit wenigen Bäumen mit großen Baumkronen.
Mit dieser Entwicklung entstanden dann auch neue Konflikte um die Nutzung des Waldes. Das Nutzvieh stand in Konkurrenz zum Wildbesatz, und das Vieh wiederum als Beute für die natürlichen Feinde wie zum Beispiel dem Wolf. Eine erweiterte Konkurrenz entstand damit auch zwischen den „Land-/Waldbesitzern“ um das weniger vorhandene jagdbare Wild.
Eine Sonderform der Hute entstand mit dem Beginn des Bergbaus am Anfang des 16. Jahrhunderts. Zur Anwerbung von Bergleuten vergaben die Feudalherren ökonomische Sonderrechte an die Beschäftigten. Dazu gehörte auch die Nutzung einer Waldweide. Die sich bildenden Genossenschaften der Bergleute konnten zur Selbstversorgung das Vieh in den Wald treiben.
Die ungeregelte Waldnutzung wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts verboten. Die Landwirtschaft entwickelte sich weiter, die Stallhaltung des Viehs wurde ausgebaut und steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte führten zu intensiverem Ackerbau. Ehemalige licht stehende Hutewälder wurden häufig gerodet und für den Ackerbau genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde das Forstwesen immer zunehmender zur staatlichen Aufgabe und der Forstverwaltung wurden die Verwaltungstätigkeiten übertragen. In bestimmten Fällen gibt es bis heute noch Ausnahmen zur Nutzung von Wäldern als Hutewälder. Dazu gehören zum Beispiel in Südspanien die Beweidung von Stein- und Korkeichenhutewäldern, die Weiden von Bindenschweinen in Mittelitalien oder die Beweidung der Saveauen in Kroatien. Vereinzelt werden auch in Großbritannien Weiderechte genutzt und in Dänemark werden die Schweine zur Naturverjüngung in Buchenwäldern genutzt.
Auch in Deutschland finden sich noch Beispiele für die Nutzung von Hutewäldern. Im Solling bestehen noch Hutewaldrelikte, in der Nähe vom Schloss Nienover oder die naturgeschützten Eichenhudewälder bei Lauenberg. In der Kellerwaldregion sind ebenfalls Spuren der Hute zu finden.
Schwäbische Alb
Ein Beispiel dafür ist die von Bauer Karl Speidel genutzte Fläche in Hohenstein auf der schwäbischen Alb. Im Sommer 2004 wurde das Demonstrations-Projekt für extensive Flächennutzung gestartet. Die Gemeinde Hohenstein stellte das sieben Hektar-Areal im Landschaftsschutzgebiet Weidental zur Verfügung. Vor Jahrzehnten wurde auf der Wacholderheide die Schafbeweidung eingestellt, in der Folgezeit ist dort ein dichter Wald entstanden, der die ehemals reichhaltige Flora verdrängte, jedoch forstwirtschaftlich uninteressant ist. Jetzt soll durch die extensive Nutzung mit Hinterwälder Rindern die für den Hutewald typische Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren innerhalb der Projektzeit von 5 Jahren wiederhergestellt werden. Der Vertrag wurde verlängert und so werden zur Zeit Kühe und Nachzucht im Weidental gehalten.
Der Eichenwald von Langaa
Der Eichenwald von Langaa, Jütland, einer der letzten Weidewälder Dänemarks, zeigt noch heute den Aspekt eines durchgehend beweideten Hutewaldes.
Addendum
Titelbild – Sierra de Huelva, Hutewald in Spanien ©joserpizarro – stock.adobe.com
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